Wunderkammer der Zukunft
Das Projekt Wunderkammer der Zukunft war immer als fortlaufender Prozess angelegt, nichts war von Beginn an „in Stein gemeißelt“. Einiges wurde verworfen, Neues ist hinzugekommen, nicht zuletzt auch durch die Corona-Pandemie, die seit März 2020 alle Kultureinrichtungen und damit auch die Museen vor ganz neue Herausforderungen stellte.
Der Auftakt des Wunderkammer-Projektes war im September 2018: Der INOVA-Turbo, ein glitzerndes Gefährt, in seinem Design angelehnt an den DeLorean aus dem Film „Zurück in die Zukunft“ wurde im zentralen Lüdenscheider Einkaufszentrum SternCenter präsentiert und nahm die BesucherInnen mit auf eine Zeitreise. Im Laufe der folgenden zwei Jahre erblickte man den INOVA-Turbo an unterschiedlichen Orten im Stadtzentrum. Er diente als Symbol und Vehikel für die relevanten Zukunftsthemen der (Stadt)Gesellschaft und parkt zurzeit an exponierter Stelle in den Museen der Stadt Lüdenscheid.
Am 8. Mai 2019 konnte dann die Wunderkammer der Zukunft in den Museen der Stadt eröffnet werden. Aus dem ehemaligen „Münzkabinett“ der veralteten Dauerausstellung wurde ein Experimentier- und Repräsentationsort, gestaltet von dem polnischen Lichtkünstler Robert Sochacki. Es entstanden „60 Quadratmeter Inspiration“, verwandelbar wahlweise in einen Working Space, ein alchimistisches Labor, eine Ausstellungsfläche, einen Kinosaal, einen Klassenraum…
Die Eröffnung der Wunderkammer war zugleich der Auftakt zu einer Veranstaltungsreihe, die das Herzstück des Projektes bildete. In den kommenden Monaten diskutierten RatsvertreterInnen über „Demokratie und Populismus“ und VertreterInnen aus Pflegeinrichtungen und Krankenhaus, Betroffene und Angehörige machten sich Gedanken über „Demographie – Hochbetagte in der Lüdenscheider Stadtgesellschaft.
Umweltamt, Industrie, Politik und Energieversorger setzten sich mit den jungen VertreterInnen der Lüdenscheider „Fridays for Future“-Gruppe zum Thema „Klima und Umwelt“ auseinander. LehrerInnen, LehramtsanwärterInnen und VertreterInnen des Schulamtes dachten über „Bildung“ nach. Gemeinsam mit VertreternInnen aus Wirtschaft, Handel, Industrie und kreativer Szene wurden „Visionen für Lüdenscheid“ entwickelt. Auf der Agenda standen Themen wie „Kultivierte Angst“, „Generation Z“, „Kultur“ und nicht zuletzt die „Wunderkammer Lüdenscheid“. Der neu geschaffene Raum wurde für künstlerische Workshops und als außerschulischer Lernort genutzt – und war und ist zudem eine begehbare Kunstinstallation.
Aus der Zusammenarbeit mit den Stadtgefährten und den Beiträgen der LüdenscheiderInnen entwickelten sich Inhalte und Formate, die nicht vorhersehbar waren. Durch die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Wirtschaft, Kreativen und Handwerk und der ganz unmittelbaren Beteiligung der BürgerInnen wurde in den Museen der Stadt Lüdenscheid ein umfassender partizipativer Prozess angestoßen.
„Jeder sollte so eine Kammer haben“, befand der Futurologe Max Thinius, der zweimal – digital und „analog“ – als Referent zu Gast in der „Wunderkammer“ war. „Ich finde, dies ist ein einzigartiges Projekt, indem alle Parameter, die für die Zukunftsgestaltung einer Region wichtig sind, zusammenkommen. Gesellschaft; Wirtschaft, Politik, Kultur, Soziales, Bildung, Ethik…und Technologie. Und das in Form von Lösungen, Szenarien und praktisch-ethischer Auseinandersetzung.“
Seit Beginn der Corona-Pandemie ist der Kontakt und die Interaktion mit dem Museumspublikum, bedingt durch Sicherheits- und Abstandsregeln, nur sehr eingeschränkt möglich. Zeitweise waren oder sind die Türen aller Kultureinrichtungen geschlossen.
Und so soll das Konzept der „Wunderkammer“, das sich durch den Austausch und die physische Präsenz der Akteure auszeichnet, auf den virtuellen Raum erweitert werden. Dies soll geschehen mit den Mitteln der Kunst. Die „Wunderkammer der Zukunft“ wird in den Stadtraum verlagert und dient dem Transport von Thesen, Ideen, Gedanken, Konzepten und Ansätzen, die sich mit der Zukunft der Stadt beschäftigen. Entwickelt werden diese Interventionen von Künstlern, die unter anderem bereits während des Lichtkunstfestivals „LichtRouten“ den Stadtraum bespielt haben. Jeweils ein Künstler wird beauftragt, sich mit einem der gesellschaftsrelevanten Themen der „Wunderkammer“ auseinanderzusetzen. Diese Themen werden aus künstlerischer Sicht interpretiert. Von außen weithin sichtbar wird auch das Format der „Wunderkammer“ – Diskussionen, Diskurse, Workshops – in den Stadtraum getragen. Das Publikum wird so die Möglichkeit erhalten, auf die Interventionen im Stadtraum zu reagieren und Impulse zu geben.
Auf der WWW Agenda stehen in diesem Jahr fünf Szenarien, die unseren Alltag bestimmen, die wir verändern und damit unsere und die Zukunft von uns allen gestalten können.
Die Szenarien
1. Entwicklung / Fortschritt / Neuerungen / Utopien / Digitalisierung
2. Lebensformen / Wie wollen wir leben, wohnen, arbeiten? / Partnerschaft / Familie
3. Miteinander / Gleichberechtigung / Teilhabe / Diskriminierung / Rassismus
4. Klima / Umwelt / Natur / Ernährung / Ressourcen
5. Freiheit / Sicherheit / Verantwortung / Gemeinschaft / Individualisierung
Dabei erkennen wir, dass alles zusammen hängt. Wenn ich in dem einen Szenario etwas ändere, beeinflusse ich auch andere. Das reicht bis dahin, dass politische, wirtschaftliche Systeme insgesamt beeinflusst werden - sogar die Natur, deren Teil wir sind.
Die Fragen
Wie möchten wir die Zukunft gestalten? Was wollen wir? Wie möchten wir behandelt werden? Wie unseren Alltag erleben? Wie den Alltag unserer liebsten Menschen? Wie soll unser Lebensraum sich um uns herum entwickeln?
Diesen Szenarien und Fragen wird im Projekt WorldWideWunderkammer nachgegangen. Aussagen und Erkenntnisse werden im Prozess, der Auseinandersetzung und der künstlerischen Umsetzung entstehen. Begleitet werden die künstlerischen Interventionen von Künstler-Interviews, in denen die Künstler ihre persönlichen Positionen erläutern.
Die WorldWideWunderkammer wird am 5. Juni mit dem Künstlerkollektiv RaumZeitPiraten in den Museen der Stadt eröffnet.
Wir freuen uns auf eine wunderbare Zeit!
Das Team der Wunderkammer
Dokumentation Wunderkammer