Über die lokal sichtbaren Folgen des Klimawandels und Visionen für die Zukunft „Made in Lüdenscheid“
Ein schlammverschmierter Waldhammer und ein Architekturmodell unter Glas: Diese beiden Objekte – so unterschiedlich auf den ersten Blick – erzählen dennoch eine gemeinsame Geschichte, sind gleichermaßen Teil von Geschehnissen und Einwicklungen, die unsere Stadtgesellschaft, unsere Gesellschaft, die Welt in den vergangenen Jahren geprägt und beschäftigt haben und der Umgang mit den Ursachen dieser Ereignisse und die Ereignisse selbst werden maßgeblich unsere Zukunft bestimmen.
Waldhämmer, wie unser Hammer einer ist, wurden im 16. Jahrhundert innerhalb der Forstwirtschaft allgemein gebräuchlich, um Holzkäufern im Wald die einzuschlagenden Bäume anzuweisen. Dazu wurde das Schlagsiegel in Bodennähe in den Baumstamm eingeschlagen, so dass man später an den zurückgebliebenen Stümpfen leicht feststellen konnte, ob nur markierte Bäume geschlagen worden waren. Als Markierungsgerät war der Waldhammer bis ins späte 20. Jahrhundert hinein gebräuchlich.
Für das Forstpersonal bestanden strenge Vorschriften bezüglich der Aufbewahrung und Verwendung des Waldhammers. Es war üblich, dass der Hammer mit einem herrschaftlichen Wappen und der jeweiligen aktuellen Jahreszahl versehen war. Unser Hammer trägt die Initialen „v.B.K“ für „von dem Bussche - Kessel“, der Schlossherren von Neuenhof. Das Barockschloss im idyllischen Elspetal wurde erstmals 1326 urkundlich erwähnt und ist seitdem in Familienbesitz. Wir wissen nicht genau in welchem Jahr unser Hammer, angefertigt wurde, der Schlossherr schätzt „zwischen 1900 und 1950, vielleicht auch älter“. Der Stiel besteht, wie bei einem normalen Hammer aus Holz, der Kopf ist aus Metall, eine der Seiten ist als Klinge geformt, die andere, flache Seite, als Schlagsiegel.
Aber welche Geschichte erzählt uns dieser Hammer? Welchen Bezug zum Zustand unserer Welt stellt das Werkzeug her?
Symbol für Naturkatastrophe
Zum einen ist der Hammer Symbol für eine Erfolgsgeschichte, für Tradition und Unternehmergeist. Seit mehreren Jahrzehnten hat sich der „Betrieb Neuenhof“ dem Konzept der „Naturgemäßen Waldwirtschaft“ verpflichtet. Ziel ist ein artenreicher Mischbaumbestand, der den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen ist. „Unser Wald erfüllt damit zuverlässig seine vielseitigen Funktionen und ist Wirtschaftszweig, Klimaschützer und Naherholungsgebiet in einem“, so steht es auf der Website.
Zum anderen ist das einfache Werkzeug Symbol für die größte Naturkatastrophe, die unsere Region, unser Land in den letzten Jahren heimgesucht hat. Freiherr Gabriel von dem Bussche fand den Hammer im überfluteten Keller des Schlosses. Am 14. Juli 2021 schwoll der kleine Elspebach, der sonst am Schloss vorbei plätschert, durch die sintflutartigen Regengüsse zu einem reißenden Strom an, riss Teile der Schlossmauer weg, zerstörte den Park und flutete Teile des Kellers.
In Deutschland starben bei der Jahrhundertflut 180 Menschen, Dutzende wurden verletzt, Unzählige traumatisiert; die Schäden im Bundesland werden auf 29 Milliarden Euro geschätzt. Der Wiederaufbau wird Jahre dauern.
Ein singuläres Ereignis? Oder ist das alles die Folge eines weltweiten Klimawandels, der auch sichtbar wird in den umgebenden Wäldern, die der Borkenkäfer sterben lässt? Ein intakter Wald könnte auch große Wassermassen wegstecken, so sagen die Experten.
Steht der schlammverschmierte Waldhammer auch für den Zustand unserer (Um)Welt? Für zerstörte Wälder? Für nationale Naturkatastrophen und den weltweiten Klimawandel?
Auf dem Weg nach Mordor
Wenden wir den Blick auf das zweite Objekt: Ein Architekturmodell zeigt zumeist eine Vision, vermittelt eine Vorstellung von dem, wie etwas aussehen könnte – in der Zukunft. Das Modell, das in der Lobby des Lüdenscheider Unternehmens Busch-Jaeger steht, symbolisiert, wie aus einer Vision eine Mission wurde. Die Tochterfirma der ABB-Gruppe mit weltweit 147.000 Mitarbeitern hat sich auf eine „Mission to Zero“ begeben. Ziel der Reise: Eine CO2-freie Zukunft.
„Die Welt, in der wir leben, befindet sich in einem rasanten Wandel. Von der Industrialisierung über die Urbanisierung bis hin zur Digitalisierung – die Umweltbelastung steigt und wir müssen uns fragen: Wie wollen wir in Zukunft leben, arbeiten und wohnen?“, diese Frage steht am Beginn der „Mission to Zero“. „Unsere Werkzeuge für eine CO2-neutrale Zukunft: Ideale, Pioniergeist – und der Mut, alles umzusetzen.“ Das klingt nach klassischem Heldentum, nach Frodo auf dem Weg nach Mordor, oder Luke Skywalker in der Schlacht von Endor.
Da positioniert sich ein international agierendes Wirtschaftsunternehmen, das sich in der Verantwortung sieht, dem Klimawandel entgegenzuwirken, bereits seit 2017, lange vor der aktuellen EU-Taxonomie-Debatte, die Kapitalflüsse in ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten lenken will, um eine deutliche Absenkung des CO2-Ausstosses zu erreichen. Zwei Jahre dauerte die Planungs- und Bauphase am Lüdenscheider Freisenberg. „In Zeiten des globalen Klimawandels sehen wir uns als Energie- und Automatisierungsunternehmen in der Pflicht, nachhaltige, digitale und flächendeckende Lösungen zu bieten, mit denen unsere Kunden ihren ökologischen Fußabdruck auf ein Minimum reduzieren“, heißt es dort. Und weiter: „Aus unserer Vision von energieautarken und CO2-neutralen Industrieproduktionen ist eine Mission geworden. Denn nur so kann man wirklich etwas ändern. Wir haben eine Lösung geschaffen, die erneuerbare Energien mit zukunftsweisenden ABB-Technologien verknüpft.“ Die damalige Bundesumweltschutzministerin Svenja Schulze erklärte: Was Sie in Lüdenscheid machen, ist ein Schlüssel auf dem Weg zur CO2-Neutralität. Wir brauchen solche Lösungen. Und zwar nicht nur in Lüdenscheid, nicht nur in Europa – wir brauchen sie weltweit.“
Die Rettung der Welt
2019 eröffnete ABB bei der Lüdenscheider Traditionsfirma Busch-Jaeger den „weltweit ersten nahezu klimaneutralen (…) Produktionsstandort der Firmengruppe. „An diesem Referenzprojekt demonstriert ABB wie smarte Technologien heute schon die Art und Weise, wie wir Energie erzeugen, wie wir sie in unseren Produktions- und Arbeitswelten nutzen, wie wir Mobilität einsetzen und wie wir Leben grundlegend verändern.“ Die Mission scheint noch lange nicht zu Ende. Smart Cities und selbstlernende Gebäude, das sind weitere Visionen.
Eine Mission hat immer einen Auftrag, meist geht es darum aus einer problematischen Situation herauszukommen, eine Lösung zu finden und in einer anderen, besseren Welt anzukommen. So ist bei allen großen Unternehmungen, bei „Odysseus“, bei „Herr der Ringe oder bei „Star Wars“. Am Ende einer Mission steht meistens nicht weniger als die Rettung einer Welt, auch wenn sie in Südwestfalen beginnt.